Gasanstalt

Aus Wikipedia zur Industriegeschichte Dorsten

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Gasanstalt
Gründer mehrere Aktionäre
Gründungsdirektoren: Evelt, Reischel, Cirkel, Pootmann, von Raesfeld
Unternehmensform Aktiengesellschaft
Gründung 16.01.1866
Spätere Firmennamen Dorstener Aktien-Gesellschaft für Gasbeleuchtung

Städtische Gasanstalt Dorsten

Auflösung 1910
Sitz bis 1900: Katharinenstrasse

ab: 1910: Lindenfelder Strasse

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert wurden die Straßen in den deutschen Städten üblicherweise mit Petroleum-Laternen beleuchtet.


Inhaltsverzeichnis

Gründung

Am 1.9.1865 wendet sich der Baumeister und Gasingenieur Christian Heyden aus Barmen in einem schriftlichen Gesuch an die Stadt Dorsten und bewirbt sich darin um eine Konzession zum Betrieb einer Gas-Anstalt. Er schlägt vor, die vorhandenen 18 Petroleumlampen durch 28 Gaslaternen zu ersetzen und führt dazu aus:

„18 Petroleumlampen kosten bei 476 jährlichen Lampenstunden 246 Thl., 17 Gr., 3 Pfg. per Jahr und per Lampenstunde 9,6 Pfg. Jede Lampe also 13 Thl. per Jahr und per Lampenstunde 9 5/6 Pfg. Der Preis für Petroleum schwankt und ist im gegenwärtigen Augenblick ca. 15% teuerer als im vorigen Jahr.“

Stadtarchiv Dorsten, B 240

Heyden bietet der Stadt an:

„28 Gaslaternen bei 900 jährlichen Brennstunden zu betreiben, zu Kosten je Laterne von 11 Thl., 7 Gr., 6 Pfg. jährlich, oder, per Brennstunde 41/2 Pfg. im Ganzen 315 Thl. per Jahr.“

Stadtarchiv Dorsten, B 240

Darüber hinaus beinhaltete sein Angebot einen Passus: "dass die Stadt Dorsten nach 30 Jahren Besitzer der ganzen Gasalage werden kann und nach 50 Jahren Eigentümer derselben wird."

Die Stadtverordnetenversammlung bittet daraufhin den Dorstener Magistrat, die Kontrakte der Gasanstalten Hürth, Warendorf, Coesfeld, Wesel, Borken und Recklinghausen zu beschaffen. Außerdem werden drei Mitglieder der Stadtverordnetenversammlung beauftragt, die Gasanstalt in Recklinghausen in Augenschein zu nehmen.

Bald darauf zeichnet sich ab, dass die Stadt Dorsten, das Geschäft mit der Gasbeleuchtung nicht allein einem auswärtigen Unternehmer übertragen möchte. Dem Beispiel anderer Städte folgend, schlagen die Stadtverordneten die Gründung einer Aktiengesellschaft vor, mit der Stadt als Hauptaktionär und weiteren, vornehmlich Dorstenener Privataktionären.

Lage der alten Gasanstalt (Karte 1866)
Zusammenkopie der Karten (1866 und 2011)


Am 23. Dezember 1865 beschließen Magistrat und Stadtverordnetenversammlung der Stadt Dorsten mit der zu gründenden Aktiengesellschaft für Gasbeleuchtung einen Vertrag zu schließen. Mit 125 Aktien à 40 Talern beteiligt sich die Stadt, die hierfür einen Kredit aufnimmt. Bis zur ersten Generalversammlung der Aktiengesellschaft am 16. Januar 1866 zeichnen vorwiegend Einheimische weitere Aktien im Wert von 9000 Talern. Christian Heyden erwirbt ebenfalls Aktien und wird von dem neuen Unternehmen beauftragt, die Gasanstalt zu bauen. Der Bauauftrag an Heyden beinhaltet, dass die Gasanstalt binnen 8 Monaten zu errichten ist und am 1. Januar 1867 ein fertiger Rechnungsabschluss zu liefern ist.


Am 23. August 1866 berichtet das Dorstener Wochenblatt:

„Vorgestern Abend wurde es hier plötzlich versuchsweise gashell. Bis spät zog Hoch und Niedrig, Reich und Arm durch die hell erleuchteten Straßen, die Augen an der Lichtfreundlichkeit weidend. Das Gaslicht würde bei weitem heller geleuchtet haben, wäre es an jenem Abende (Hälfte des ersten Mondviertels) nicht halbdunkel gewesen. - Also Dorsten wird sich in Bälde hellen Lichtes fort und fort erfreuen.“

Dorstener Wochenblatt


Unternehmensentwicklung

Schnittzeichnung: Zweikammer-Retortenofen der alten Gasanstalt (1866, Heyden)

Der Gasabsatz steigerte sich kontinuierlich, da sich nach und nach immer mehr Privatkunden an das Gasnetz anschließen ließen.

Im Mai 1900 beschließt die Stadtverordnetenversammlung den "Neubau einer Gasanstalt für Rechnung der Stadtgemeinde Dorsten." Bereits einen Monat vorher vereinbarten die Aktionäre, das Gesamtvermögen der Gasanstalt in den Besitz der Stadt Dorsten zu übertragen. Die Stadt hatte dafür den Akteninhabern den Nominalwert der Anteilsscheine zu erstatten. Im Dorstener Wochenblatt vom 19.4.1900 heißt es dazu:

„In der ganzen Bürgerschaft wird dieser Beschluss freudig begrüßt, da nunmehr voraussichtlich in Bälde die alte, völlig unzureichende und für die Nachbarschaft lästige und unbequeme Gasanstalt verschwinden wird“

Dorstener Wochenblatt

Am 15. Dezember 1900 wird die neue Gasanstalt im Lindenfeld eingeweiht.

1905 produzierte die städtische Gasanstalt monatlich bis zu 15.000 m³ Gas, davon gingen über zwei Drittel an Privatkunden. Durch Undichtigkeiten bedingt traten durchschnittliche Verluste von rund 2000 m³ im Monat auf.

Foto vom Richtfest der neuen Gasanstalt (1900)

Das Jahr 1910 leutet das Ende der städtischen Gasversorgung ein. In den Kokereien des Ruhrbergbaus fällt Kokereigas quasi als Abfallprodukt ab. Das Rheinisch-Westfälische-Elektrizitätswerk verlegt in seinem Versorgungsbereich Ferngasleitungen und offerierte den Kommunen Gas zu Preisen, zu denen die städtischen Gesellschaften dieses bei weitem nicht selbst erzeugen konnten. Am 18. März 1910 beschließt die Stadtverordnetenversammlung in Dorsten, Koksofengas vom RWE zu beziehen. Das Gaswerk wird stillgelegt.




Quellen

  • Energie für Dorsten, Geschichte der Energieversorgung in Dorsten, VEW, Bochum, 1989.
  • Stadtarchiv Dorsten


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