Fritz-Dietlof von der Schulenburg

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Fritz-Dietlof von der Schulenburg

Fritz-Dietlof Graf von der Schulenburg

Tisa von der Schulenburgs Bruder Fritz-Dietlof gehörte zum engsten Kreis der Widerstandskämpfer, die das Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944 planten. Er wurde Am 10. August 1944 in Berlin-Plötzensee gehenkt. Fritz-Dietlof von der Schulenburg studierte Rechtswissenschaften in Göttingen und Marburg. Freunde schilderten ihn als jemand, der gleichzeitig wild und in sich gekehrt, realistisch und romantisch, wortkarg und mitteilsam, ernsthaft und spöttisch, auch mal aggressiv sein konnte. Einmal als richtig erkannten Prinzipien blieb er konsequent treu. Von Oktober 1928 bis September 1932 war Schulenburg als Assessor beim Kreis Recklinghausen tätig und trat in dieser Zeit in die NSDAP ein. Gleichwohl vertrat er in vielen Punkten von der Parteilinie abweichende Vorstellungen.

„Von der Schulenburg verstand sich als Teil einer nationalen Elite, die sich in erster Linie durch die staatstragenden Säulen Militär und Berufsbeamtentum definierte. Bürger außerhalb dieser Strukturen waren für ihn bestenfalls „Zivilisten“ oder einfach nur der Mob. Allerdings verstand sich diese Elite als sehr patriarchales System, in dem Beamte und Militärs gleichzeitig auch die Aufgabe hatten, zum Wohle des Volkes zu agieren. Auf Grund dessen beschäftigte sich von der Schulenburg mit Themen wie der Agrarverschuldung und der Bodenreform. Seine Vorstellungen vom Bauernstand und von sozialer Gerechtigkeit brachten ihm bald den Titel „Roter Graf“ bei seinen Kollegen ein. Bernd Gisevius Bernd Gisevius], Mitverschwörer des 20. Juli 1944, bezeichnet ihn als

<p class="Zitat">„sozialistischen Grafen“</p> <p class="cite" > Bernd Gisevius: Bis zum bittern Ende. II. Band. Zürich: Fretz & Wasmuth 1946, S. 381.</p>
Allerdings hatte Schulenburg auch klar Stellung gegen jede bolschewistische Strömung bezogen.“

WIKIPEDIA, 20130103

Von der Schulenburg war beeindruckt von den politischen Ansichten des NS-Politikers Gregor Strassers. Strasser stand für den antikapitalistischen, sozialrevolutionären Kurs in der NSDAP, mit dem die Arbeiterschaft für die Partei gewonnen werden sollte. Er forderte die Verstaatlichung von Industrie und Banken und trat für ein bedingtes Streikrecht der Gewerkschaften ein. Nach dem Tod von Strasser im Zuge des sogenannten Röhm-Putsches im Juni 1934, kamen bei Fritz-Dietlof von der Schulenburg erste Zweifel an der nationalsozialistischen Idee auf. Sehr weit wichen Schulenburgs sozialpolitische Vorstellungen allerdings nicht von jenen der Partei ab:

„Die Fürsorge für diejenigen, die dem Geschicke nicht gewachsen sind, ist die andere Aufgabe der Sozialpolitik. Hier sind wiederum zwei Gruppen von Menschen zu unterscheiden: 1) Das Gesindel, das weder Willen noch Können besitzt, das Leben zu meistern, das allen Einrichtungen feindlich gesinnt ist, jede Fürsorge ausnutzt, in der Not meutert und alle Lebensnöte der Allgemeinheit auflastet. 2) Die Lebensschwachen, denen natürliche Anlage oder ungesunde Lebensverhältnisse die Kraft und schließlich auch den Willen nehmen, für sich selbst zu sorgen. In dieser Lage befinden sich nicht nur die Dauerkranken, Irren und Krüppel, sondern auch der größte Teil der heutigen Arbeiterschaft, ja selbst des Mittelstandes, vor allem in den Industriegebieten. Ein Eingehen auf die Belange des Gesindels ist nicht erforderlich. Hier gilt nur eines: Der Staat muss die volle Schärfe des Gesetzes gegen sie zur Anwendung bringen: Den besten Erfolg versprechen schonungslose Maßnahmen. Dagegen ist die Frage nach dem Geschick des größten Teiles der Arbeiterschaft von ausschlaggebender Bedeutung für den Bestand des Ganzen.“

Fritz-Dietlof von der Schulenburg, 1943, Denkschriftfragment, abgedruckt in „Ein konservativer Rebell“, Seite 227, Ulrich Heinemann, Siedler Verlag, 1990

Die Politisierung der Fabrikarbeiter, ihr Interesse für alternative und sozial gerechtere Gesellschaftsmodelle war für von der Schulenburg ganz wesentlich auf die schlechten Verhältnisse in den Arbeiterquartieren der Großstädte zurückzuführen. Dagegen setzte er völkische Agrar- und Dorfromantik und eine eher „mittelständische“ Wirtschaftsstruktur. Nachbarschaft und „Landschaft als soziale Grundeinheit“ stellte von der Schulenburg immer wieder als besondere gesellschaftliche Werte heraus.

„Arbeiter, Bauernsöhne müssen mit dem Land verbunden, die Großstadtfrage gelöst werden. Wieder muss das letzte an Wirtschaftskraft aus dem eigenen Boden und allen seinen Kräften herausgeholt werden. Wieder fordert alles vom Staat Bewegung, stürmischen Willen, schöpferische Kraft. Wieder werden Beamte gefordert, die Pioniere, Schaffer, Schöpfer sind.“

Das preußische Erbe und der nationalsozialistische Staat, Vortrag von Fritz-Dietlof von der Schulenburg, März 1938, abgedruckt in „Ein konservativer Rebell“, Seite 204, Ulrich Heinemann, Siedler Verlag, 1990

Traditionell gingen die männlichen Schulenburgs, wie auch sein Vater und seine älteren Brüder zum Militär. Von der Schulenburgs Auffassung, dass die Eliten des Militärs, vielen anderen Gruppen der Gesellschaft intellektuell und von ihrem Verhalten her, überlegen seien, hat er sicherlich vom Elternhaus übernommen. Im Zuge seiner Referendarausbildung hat Fritz-Dietlof von der Schulenburg auch großen Respekt für das Verhalten der höheren Beamten gezeigt.

„Im [ersten Welt-] Kriege war die Tragik, dass zwar die Grundkräfte im Heer zur äußersten Vollendung und Entfaltung gelangten, jedoch im Staate gebrochen waren. Das Heer führte den größten Kampf der Geschichte, kühn und schöpferisch allen - auch den verzweifeltesten Lagen - gegenüber. Die schöpferisch-politische Kraft der Staatsführung reichte jedoch nicht aus, um dem deutschen Volke klare Ziele zu geben und den Krieg in seiner ganzen Dauer auch zu einer Sache des Arbeiters zu machen. Da der Staatsverfassung die Kraft zu einer politisch klaren Führung fehlte, die alle Kräfte des Volkes einheitlich zusammengefasst hätte, glitten die Zügel in die Hand der Mehrheitsparteien und zuletzt des Marxismus, die im tiefsten Grunde unschöpferisch und destruktiv waren. Die Niederlage und [die] Revolution von 1918 waren die Folge. Hier zeigte sich am krassesten, dass es weder gelungen war, im Beamtentum, noch weniger aber in den Parlamenten, eine wirklich staatsführende Schicht heranzuzüchten. Die verwaltungsmäßigen Leistungen des Beamtentums jedoch brauchen deswegen nicht verkleinert zu werden. Der Staat hat im Kriege sachlich und organisatorisch Großes geleistet - im Ganzen sind immerhin die Ernährung und Rohstoffversorgung vier Jahre lang gemeistert worden. Der Führer hat dem Beamtentum des alten Reiches in seinem Buche »Mein Kampf« das schönste Denkmal gesetzt. Er spricht vom »unvergleichlichen Beamtenkörper des alten Reiches. Deutschland war das bestorganisierte Land der Welt. … Ebenso war das Beamtentum als Stand, als Lebensgemeinschaft eine lebendige Gemeinschaft von sauberen und hochstehenden Menschen.“

(Das preußische Erbe und der nationalsozialistische Staat, Vortrag von Fritz-Dietlof von der Schulenburg, März 1938, abgedruckt in „Ein konservativer Rebell“, Seite 199, Ulrich Heinemann, Siedler Verlag, 1990

Dass nach der Machtübernahme Hitlers, das sogenannte „Bonzentum“ in der Partei und in den staatlichen Organisationen, immer mehr Einfluss gewann, betrachtete von der Schulenburg skeptisch. Als „Bonzen“ sah er vor allem Parteimitglieder, die ohne entsprechende Qualifikation zu Führungspositionen gekommen waren, ihren Aufgaben nicht gewachsen, sich aber korrupt und machtbesessen zeigten, statt der „reinen Idee“ zu folgen.

Widerstand und Umsturzpläne

1942 gewannen von der Schulenburg, wie auch andere Widerstandskämpfer, den Eindruck, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen sei und auch eine Reform des NS-Staates von innen immer unwahrscheinlicher würde. Fritz-Dietlof von der Schulenburg hatte bis dahin die geglaubt, dass man nach einem gewonnenen Krieg, insbesondere durch den Einfluss der aristokratischen und bürgerlichen Eliten, der NS-Willkür ein Ende setzen könnte. Von der Schulenburg war aufgrund seiner zahlreichen Kontakte ein wichtiger Verbindungsmann des Widerstands. Man zählte ihn zum sogenannten Grafenkreis um Peter Graf Yorck von Wartenburg, er nahm aber auch an Treffen des Kreisauer Kreises teil. Auch zu den sogenannten „Honoratioren“ um Carl Goerdeler unterhielt von der Schulenburg Kontakte.

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